Du bist schwanger und denkst schon an die Geburt deines Babys? Dann hast du dich vielleicht auch schon gefragt, was es mit dem Auspulsieren der Nabelschnur auf sich hat. In den letzten Jahren hat sich diese Praxis immer mehr durchgesetzt, und das aus gutem Grund. Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen, warum das Auspulsieren der Nabelschnur sinnvoll sein kann und welche Vorteile es für dein Neugeborenes mit sich bringt.
Was bedeutet Auspulsieren der Nabelschnur?
Zunächst einmal: Was genau ist damit gemeint, wenn von Auspulsieren die Rede ist? Ganz einfach – statt die Nabelschnur direkt nach der Geburt zu durchtrennen, wartet man einige Minuten ab. In dieser Zeit pulsiert das Blut aus der Plazenta weiter in den Körper deines Babys. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt seit 2012, die Nabelschnur erst nach etwa zwei bis drei Minuten zu durchtrennen.
Die Vorteile für dein Baby
Du fragst dich sicher, warum diese kurze Wartezeit so wichtig sein soll. Tatsächlich bringt das Auspulsieren eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich:
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Mehr Blutvolumen: Dein Baby erhält bis zu 40 Prozent mehr Blutvolumen. Das klingt erstmal nach einer abstrakten Zahl, bedeutet aber konkret eine bessere Versorgung aller Organe.
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Erhöhte Anzahl roter Blutkörperchen: Bis zu 60 Prozent mehr rote Blutkörperchen gelangen in den Kreislauf deines Neugeborenen. Diese sind essenziell für den Sauerstofftransport im Körper.
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Bessere Eisenversorgung: Die erhöhten Eisenvorräte wirken sich positiv auf die Entwicklung deines Babys aus – und das nicht nur kurzfristig, sondern bis zu sechs Monate nach der Geburt.
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Unterstützung für Frühchen: Besonders Frühgeborene und Babys nach komplizierten Geburten profitieren von einem höheren Geburtsgewicht durch das zusätzliche Blutvolumen.
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Leichterer Start ins Atmen: Mehr Sauerstoff im Blut erleichtert deinem Baby den Übergang zum selbstständigen Atmen.
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Stärkung des Immunsystems: Eine höhere Anzahl an Stammzellen verbessert die Immunabwehr deines Neugeborenen.
Wann ist Auspulsieren nicht möglich?
So vorteilhaft das Auspulsieren auch ist, gibt es Situationen, in denen es nicht durchgeführt werden kann. Wenn dein Baby oder du selbst sofortige medizinische Versorgung benötigt, muss die Nabelschnur umgehend durchtrennt werden. Das kann bei Frühgeborenen der Fall sein oder wenn die Nabelschnur um den Hals des Babys liegt.
Auch bei Rhesus-negativen Müttern mit Problemen bei der Antikörperbildung wird zur Sicherheit früh abgenabelt. Ebenso wenn eine Einlagerung oder Spende von Nabelschnurblut geplant ist.
Was sagt die Forschung?
Die positiven Effekte des Auspulsierens sind nicht nur anekdotisch belegt, sondern werden auch durch wissenschaftliche Studien unterstützt. Besonders bei Frühgeborenen zeigen sich deutliche Vorteile. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2018 kam zu dem Schluss, dass späteres Abnabeln die Sterblichkeit von Frühgeborenen senkt.
Ein Review aus 2019 bestätigte zudem, dass das Auspulsieren den Blutkreislauf verbessert, indem es den Hämatokrit, das Blutvolumen und die Anzahl der roten Blutkörperchen erhöht.
Wie läuft das Auspulsieren ab?
Wenn du dich für das Auspulsieren entscheidest, läuft es in der Regel so ab: Nach der Geburt wird dein Baby auf deinen Bauch gelegt oder in deiner Nähe gehalten, und zwar auf Höhe der Plazenta oder darunter. So kann das Blut optimal aus der Plazenta in den Körper deines Babys fließen.
Nach etwa zwei bis drei Minuten, wenn die Nabelschnur aufgehört hat zu pulsieren, wird sie dann abgeklemmt und durchtrennt. Dies kann vom medizinischen Personal, einer Begleitperson oder sogar von dir selbst durchgeführt werden.
Was du bei der Geburtsvorbereitung beachten solltest
Möchtest du, dass bei der Geburt deines Babys die Nabelschnur auspulsieren gelassen wird? Dann ist es wichtig, dass du diesen Wunsch frühzeitig mit deiner Hebamme oder dem Krankenhaus besprichst. Da das Auspulsieren nicht überall zum Standardvorgehen gehört, solltest du deinen Wunsch im Vorfeld äußern und am besten auch in deinem Geburtsplan festhalten.
Keine Sorge, sollten keine medizinischen Gründe dagegensprechen, kann dir eine frühzeitige Durchtrennung der Nabelschnur nicht aufgezwungen werden. Du hast das Recht, dies mündlich oder schriftlich abzulehnen.
Auspulsieren und Nabelschnurblut-Spende: Geht das zusammen?
Vielleicht hast du auch schon von der Möglichkeit gehört, Nabelschnurblut zu spenden oder einzulagern. Nun fragst du dich, ob das mit dem Auspulsieren vereinbar ist. Die gute Nachricht: Ja, es ist möglich!
Studien haben gezeigt, dass eine Verzögerung des Abklemmens um bis zu einer Minute nur geringe Auswirkungen auf die Menge und Qualität des entnommenen Nabelschnurbluts hat. Wenn du also sowohl auspulsieren lassen als auch Nabelschnurblut entnehmen möchtest, sprich am besten mit deinem Geburtshelfer über die Möglichkeit, die Nabelschnur nach etwa 60 Sekunden abzuklemmen.
Solltest du dich für ein längeres Auspulsieren entscheiden, gibt es übrigens noch die Option, Plazentablut zu entnehmen. Dieses enthält ebenfalls wertvolle Stammzellen.
Die emotionale Komponente
Neben all den medizinischen Vorteilen hat das Auspulsieren auch eine emotionale Komponente. Es ermöglicht dir und deinem Baby, die enge Verbindung, die ihr während der Schwangerschaft hattet, noch für einige Minuten nach der Geburt aufrechtzuerhalten. Diese ersten Momente sind kostbar und können zu einem sanfteren Übergang für dein Neugeborenes beitragen.
Fazit: Eine kleine Entscheidung mit großer Wirkung
Die Entscheidung, die Nabelschnur auspulsieren zu lassen, mag auf den ersten Blick wie eine Kleinigkeit erscheinen. Doch wie du gesehen hast, kann sie einen bedeutenden Einfluss auf den Start deines Babys ins Leben haben. Von einer verbesserten Sauerstoffversorgung über eine Stärkung des Immunsystems bis hin zu langfristigen Vorteilen wie einer besseren Eisenversorgung – die Vorteile sind vielfältig und wissenschaftlich belegt.
Natürlich ist jede Geburt einzigartig, und es kann Situationen geben, in denen das Auspulsieren nicht möglich ist. Das Wichtigste ist, dass du dich gut informierst und die für dich und dein Baby beste Entscheidung triffst. Sprich mit deiner Hebamme oder deinem Arzt, teile deine Wünsche mit und sei offen für ihre fachliche Einschätzung.
Letztendlich geht es darum, deinem Baby den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen. Mit dem Wissen um die Vorteile des Auspulsierens kannst du eine fundierte Entscheidung treffen und die ersten Momente mit deinem Neugeborenen noch bewusster gestalten. Denn eines ist sicher: Diese Augenblicke sind einmalig und kostbar – genieße sie in vollen Zügen!